Außergewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnlich Maßnahmen: Deshalb starten die Kommunen Hückeswagen, Wermelskirchen, Wipperfürth Kürten nun gemeinsam mit der BEW Bergischen Energie- und Wasser-GmbH eine große Energiespar-Kampagne. Denn im kommenden Herbst und Winter droht eine Gasmangellage. Zum ersten Mal seit Bestehen der Bundesrepublik droht das Gas knapp zu werden. Um im Winter gut über die Runden zu kommen, sind jetzt alle gefragt. Mit der gemeinsamen Kampagne der vier Kommunen und der BEW wollen diese nicht nur mit gutem Beispiel vorangehen, sondern auch den Bürgerinnen und Bürgern wichtige Hilfestellungen geben, ihren Gas- und Stromverbrauch zu reduzieren.
„Es geht darum, mehr Menschen zu weniger Verbrauch zu bewegen“, sagt Jens Langner, Geschäftsführer der BEW, und ergänzt: „Das ist entscheidend, damit Deutschland in der kalten Jahreszeit nicht das Gas ausgeht.“ Dabei will der Chef des Energieunternehmens alles andere als schwarzmalen. Er betont: „Die Lage ist aktuell ungewiss und kritisch. Fakt ist: Wir haben uns in Deutschland zu abhängig gemacht von russischem Gas und derzeit kommen nur noch weniger als 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Liefermenge via Nordstream an. Und auf dem Weltmarkt klettern die Beschaffungspreise für Strom und Gas in nie dagewesene Höhen. Vorsorge zu treffen, ist in einer solchen Situation sicher angebracht und Energiesparen ist eine wirksame Maßnahme von vielen.“
Wipperfürths Bürgermeisterin Anne Loth ist es wichtig zu betonen, dass die Kampagne mit guten Beispielen aus der Praxis und wirksamen Tipps Menschen zeigen soll, wie Energiesparen einfach möglich ist. „Wir haben schon verschiedene Maßnahmen in unserer Stadt umgesetzt und möchten zeigen, dass jeder Beitrag zur Energieeinsparung zählt. Denn: die beste Energie ist die, die wir gar nicht erst verbrauchen.“, betont sie.
Dietmar Persian, Bürgermeister von Hückeswagen, sieht die Kampagne auch als solidarischen Akt mit dem Aufruf des Bundeswirtschaftsministeriums zum Klimaschutz und Energiesparen, dem sich viele Verbände angeschlossen haben, darunter auch der Deutsche Städtetag und Verbraucherzentralen. Er sagt: „Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Je weniger Energie verbraucht wird, umso geringer sind die Mehrkosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher, vom sowieso dringlichen Klimaschutz ganz abgesehen.“ Bürgermeisterin Marion Lück aus Wermelskirchen ergänzt: „Wir müssen jetzt alle gemeinsam handeln und so viel Energie wie möglich einsparen. Jede Kilowattstunde, die jetzt nicht verbraucht wird, hilft allen dabei, besser durch den Herbst und Winter zu kommen! Mit unseren Energie-Spartipps wollen wir dazu animieren, dass auch mit kleinen Veränderungen große Unterschiede möglich sind. Außerdem sparen wir alle dabei Geld.“ Für Willi Heider, Bürgermeister der Gemeinde Kürten, ist der Zusammenhalt in solchen Ausnahmezeiten wesentlich. „Für die Menschen sind die steigenden Lebenshaltungs- und Energiekosten sowie der Krieg in Europa eine große Belastung. Sie machen sich Sorgen über ihre Zukunft. Mit dieser Kampagne möchten wir auch ein Signal senden, dass wir in dieser schwierigen Zeit füreinander da sind und sie gemeinsam besser durchstehen.“
Energiespartipps und Praxisbeispiele
Die Energiesparkampagne soll auf den Internetseiten der vier Kommunen und der BEW, ihren sozialen Medien und in den regionalen Tageszeitungen starten. Die Palette der Tipps reicht vom hydraulischen Heizungsabgleich über den wassersparenden Duschkopf bis zu nützlichen Informationen zum Einsparen von Energie beim Heizen, dem Betrieb von Geräten, Autofahren, Lüften und Wäsche waschen. Gleichzeitig soll die Kampagne zeigen, wie Vertreter der Kommunen und des Energieversorgers persönlich Energie sparen. Auch mit welchen Maßnahmen die Städte und die BEW in ihren Verwaltungen den Energieverbrauch drosseln, soll die Kampagne auf sympathische Art transparent machen. „In Habecks Wirtschaftsministerium zum Beispiel springen die Klimaanlagen jetzt erst bei 26 Grad an, die Gebäude werden nicht mehr angestrahlt“, führt Jens Langner aus und ergänzt: „Wir planen, dass die Heizung bei BEW bis Oktober ausbleibt, und im Winter werden die Heizzeiten weiter verkürzt und niedrigere Raum-Temperaturen programmiert. Parallel dazu beraten wir unsere Kundinnen und Kunden, wie ihre Häuser energiesparender werden können und wie sie auf erneuerbare Energien umsteigen können. Aber das geht nicht von heute auf morgen.“ Aktuell seien die Lieferketten gestört, es gebe lange Lieferzeiten beispielsweise bei Wechselrichtern für Photovoltaikanlagen und Handwerker seien knapp. „Deshalb raten wir: Jetzt planen, damit alles steht, wenn die Umsetzung starten kann“, empfiehlt er. Denn gerade im Gebäudebestand liegt ein riesiges Einsparpotenzial.
Gas sparen und Speicher füllen
Ziel der Bundesregierung ist es, die deutschen Gasspeicher bis 1. November 2022 zu 95 Prozent gefüllt zu haben. Aktuell sind sie zu 76 Prozent voll. Wird das Ziel erreicht, hofft der Bundeswirtschaftsminister, dass Deutschland notfalls auch ohne russisches Gas durch den Winter kommt. Einsparpotenziale bei Großverbrauchern wie Industrie, Freizeiteinrichtungen und auch städtischen Liegenschaften haben die Netzbetreiber bereits erhoben. Mit dieser Kundengruppe sind bereits Vereinbarungen getroffen, welche Gebäude oder Anlagen im Ernstfall abgeschaltet werden können, damit das noch verfügbare Gas für lebenswichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser und die Lebensmittelversorgung reicht.
Auch in den warmen Sommermonaten können Verbraucherinnen und Verbraucher dazu beitragen, dass die Gasspeicher voll werden: weniger Strom verbrauchen. Denn in Deutschland werden noch rund 16 Prozent der elektrischen Energie in Gaskraftwerken erzeugt.